Unsere Geschichte

Müller's Bäckerladen - Handwerkskunst mit Tradition

Tradition seit 1881

Titelbild: © MARKA / Alamy Stock Foto

Wie es begann

Seit 140 Jahren besteht in Duisburg die Bäckerei und Konditorei Müller. Im April 1881 gründete der Urgroßvater des heutigen Inhabers, August Holtappels, den Handwerksbetrieb. Entsprechend der Familientradition arbeitet die Bäckerei nach uraltem Backverfahren – Natursauerteig sorgt für ein kräftiges Aroma. Chemische Konservierungsstoffe haben keinen Platz in Müllers Backstube.

Das 140-jährige Bestehen eines Handwerksbetriebs ist keine Selbstverständlichkeit. Vor allem nicht dann, wenn man weiß, welche schwierigen Zeiten durch Wechsel der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, durch zwei Kriege und technische Veränderungen vergangen sind. Auch die Familie Müller ist von Schicksalsschlägen nicht verschont geblieben.

Doch immer wieder gab es einen Wiederaufbau – nie kapitulierten die Müllers vor Schwierigkeiten.

Altmeister Wilhelm Müller kennt die Familiengeschichte wie kein anderer. Sein Großvater, Vater, aber auch viele Verwandte haben ihm über die vergangenen Jahrzehnte des Handwerksbetriebes gesprochen. Von seiner Familie und den Freunden abgeregt, hat er sich hingesetzt und aus einem Guss die Familiengeschichte niedergeschrieben. Vorangegangen war nur kurze Zeit des Ordnens, des Sortierens. Nicht abzuschweifen, aber auch keine wesentlichen Ereignisse auszulassen, das waren die Schwierigkeiten.

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Wie es dazu kam, hat Wilhelm Müller in seiner Familienchronik festgehalten:

Am 21. April 1881 wurde die Bäckerei von Augst Holtappels gegründet. Auch er tat nach dem ungeschriebenen Gesetz an, das dem Bäckerhandwerk die hohe Pflicht auferlegt, für das tägliche Brot der Menschen zu sorgen.

August Holtappels war eines der acht Kinder der Schuhmachermeister Jako Holtappels aus Aldekerk am linken Niederrhein und dort 1855 geboren. Zur Zeit des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 erlernte er in seinem Heimatort das Bäckerhandwerk, um anschließend – wie damals üblich – auf Wanderschaft zu gehen um seinen Gesichtskreis zu erweitern. Auf diesem Wege lernte er in Duisburg Anna Steinhoff aus Waltrop in Westfalen kennen, die bereits in frühster Kindheit ihre Eltern verloren hatte. Die beide heirateten am 21. April 1881 und gründeten auf der Neudorfer Straße Nr. 36 eine Bäckerei. Der Beruf war noch mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden, denn es gab noch keine Elektrizität in den Betrieben.

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Mit dem Pferdewagen zum Kunden

Das Ladengeschäft alleine konnte die junge Familie, welche nach wenigen Jahren bereits elf Köpfe zählte, nicht ernähren. So musste Bäckermeister Holtappels nach getaner Arbeit in der Backstube auch noch seine Backwaren mittels Pferdefuhrwerk zu seinen Kunden bringen. In dem jungen, sich gerade entwickelnden Stadtteil wohnten Menschen in Einzelhäusern – „Streusiedlung“ würde man heute sagen.

Der junge August Holtappels war ein fortschrittlicher, tatkräftiger Handwerksmeister, und so gründete er zusammen mit weiteren 21 Kollegen am 1. Oktober 1887 die Duisburger Bäcker-Innung.
August Holtappels hat sich immer daran erinnert, dass das Wort von „einig“ stammt.
Als das Geschäft zwanzig Jahre bestand, starb 1901 der Gründer. Er war nur 46 Jahre alt geworden. Seine Witwe hat es nicht einfach gehabt. Einerseits ein ausgesprochenes Männergeschäft im Griff behalten, anderseits neun Kinder erziehen – so nebenbei lässt sich weder das eine noch das andere machen. Gut, Regina als älteste Tochter unter den Geschwistern war mit 16 Jahren schon recht vernünftig und verstand bereits vom Fach. Sie hat wacker geholfen, Mutters Last zu tragen. Für alle ihre Geschwister ist sie immer die große Schwester geblieben, die – wenn´s nötig war – mit Rat und Tat zur Seite stand.

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Familien mit Tradition

Im elterlichen, nun meisterlosen Betrieb, lernte sie dann den Bäckermeister Wilhelm Müller aus Ruhrort kennen. Auch er war Sohn eines Schuhmachermeisters. Seine Mutter war geborene Rennings und entstammte dem bekannten Haus Kipp bei Beeckerwerth, einem alten Gutshof mit Fischerei und Landwirtschaft, direkt am Rhein gelegen. In der Chronik des Duisburgers Stadtarchivs wird dieses Haus schon im 13. Jahrhundert erwähnt. Es gehörte um 1400 dem Herzog von Jülich und Geldern. Das bewirtschaftete Land, welches zum Haus Knipp gehörte, betrug im Jahr 1727 laut Stadtarchiv 576 preußische Morgen. Für die Schifffahrt galt das Haus Knipp als ein Wahrzeichen, bis es im September 1939 mit seinen Gebäuden der Rheindeicherhöhung weichen musste.
Noch heute erinnert die von Beeckerwerth nach Baerl führende „Haus-Knipp-Brücke“ an den ehemaligen Standort.

Aber zurück zur Bäckerei Holtappels:

Obwohl „Willem“, wie er damals von allen in der Familie genannt wurde, dringend gebraucht wurde, musste er wie alle gesunden jungen Männer von 1900 – 1902 als Soldat bei der Infanterie dienen. Nach Ableistung des Militärdienstes verbrachte er noch weitere Gesellenjahre in Köln, wo er in seinem Beruf überaus reiche Erfahrungen sammeln konnte. Endlich zog es ihn jedoch wieder nach Duisburg, seiner Heimatstadt und zu seiner Regina, die inzwischen in Bad Honnef am Rhein bei den Nonnen das Kochen und die Hauswirtschaft erlernt hatte. So gerüstet heirateten die beide am 6. Mai 1906 im Alter von 26 bzw. 20 Jahren und eröffneten unweit des Standortes im Haus Neudorfer Straße 56 eine Bäckerei im eigenen Hause. Oma und acht noch nicht mündige Geschwister zogen mit ein und blieben alle bis zu ihrer Heirat im Hause.

„Willem“ hatte alle im Griff und führte sie – großzügig wie er war – am langen Zügel. Eine echte Großfamilie also; denn die Eheleute Wilhelm und Regina Müller bekamen noch fünf eigene Kinder, von denen aber zwei früh starben.

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Maschinen erleichtern die Arbeit

Sonst war das für die Familie eine gute Zeit. Die Müllers hatten wenig Sorgen, zumal das Geschäft des jungen Meisters gut florierte. Mit der Anschaffung elektrischer Maschinen und eines modernen Backofens wurde die Arbeit für damalige Verständnisse wesentlich erleichtert. 1907 wurde die Tochter Aenne, 1912 der Sohn Willi und 1914 der Sohn Hans geboren. Diese heile Welt störte jäh´ ein Krieg – der 1. Weltkrieg begann.
Der Vater musste bereits am 2. Mobilmachungstag einrücken; ebenso sein im Betrieb arbeitender Schwager Gerhard Holtappels, welcher 1917 fiel.

Ein weiterer Geselle Peter Maßen, überlebte den 1. Weltkrieg, kam aber im 2. Weltkrieg bei einem Bombenangriff auf Duisburg mit seiner gesamten Familie ums Leben. – Während der ganzen Kriegszeit ruhte der Betrieb. Ende 1918 kehrte Wilhelm Müller zurück.

Inflation bremst den Neuanfang

Im Jahre 1919 wieder ein neuer Anfang – bereits der dritte Start. Aber diesmal sollte es schwerer werden! Die Revolution und ihrem Gefolge bewaffnete Unruhen, Krawalle, Streiks und Aussperrungen sowie die galoppierende Inflation. Zum Schluss kostete ein Brot ca. eine Billionen Reichsmark. Das machte jeglicher Kalkulationen und vernünftige Planung unmöglich. Um sich einmal eine ungefähre Vorstellung machen zu können, sei erwähnt, dass die Bäckerei Müller per 31. Dezember 1923 einen buchmäßigen Gewinn von 2.540.599.438.049.440.000,00 RM machte.
Trotzdem war er gleich Null.

1924: Währungsform! 1 Billionen Mark = 1 Rentenmark.
Also auf ein Neues, zum vierten Male!
Wilhelm Müller war inzwischen 44 Jahre alt und ohne gesetzliche Altersversorgung, was zu jener Zeit bei Selbstständigen der Regelfall war. Es schien jedoch genug gut zu laufen und das erste Lieferauto wurde angeschafft.

Bis Anfang der 30er Jahre die Weltwirtschaftskrise auch Deutschland mit über sechs Millionen Arbeitslosen heimsuchte. Wenn man bedenkt, dass hinter jedem Arbeitslosen eine – wie damals üblich – kinderreiche Familie stand, kann man sich das Ausmaß dieser Katastrophe vorstellen. Vor diesem Hintergrund konnte die rechtsradikale Bewegung an die Regierung gelangen. Die Deutschen kamen auch wieder in Arbeit und Brot – allerdings zu einem sehr hohen Preis. Und der hieß zunächst Aufrüstung und später Krieg!

1937 heiratete die Tochter Aenne, die bis dahin ihre Eltern im Geschäft als exzellente Verkäuferin unterstützt hatte, den Kaufmann Alfred Wimpff aus Duisburg und verzog nach Köln.
Noch vor Ausbruch des Krieges im April 1939 starb Wilhelm Müller sen., erst 58 Jahre alt, und hinterließ einen Betrieb mit sieben Gesellen und zwei Verkäuferinnen.
Er galt als hervorragender Fachmann und Bäckermeister von echtem Schrot und Korn und war passionierter Jäger. Wilhelm Müller gehörte vor 1933 dem Innungsvorstand unter dem Jahrzehnte amtierende Obermeister Bernhard Reintges an.

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Söhne setzen Tradition fort

Die Witwe Regina Müller führte das Geschäft zunächst mit ihren beiden Söhnen weiter. Beide führten die Tradition fort. Bäckermeister Willi Müller (Meisterprüfung 1938) und Bäckermeister Hans Müller (Meisterprüfung 1940).
Natürlich holte sich die Wehrmacht die beiden Meister, sie waren in Italien bzw. Russland als Frontsoldaten eingesetzt. Sohn Hans wurde 1944 wegen einer schweren Verwundung in die Heimat entlassen und konnte somit gleich nach Kapitulation mit dem Wideraufbau des Betriebes beginnen. Willi kehrte im April 1946 aus britischer Gefangenschaft heim.
Wieder ein neuer Anfang? Zum fünften Male? Ja, aber diesmal waren die Voraussetzungen sehr ungünstig. Der umfangreiche Haus- und Grundbesitz sowie der Betrieb und das Geschäft waren bei den Luftangriffen zu Schutt und Asche geworden. Da gab es nicht viel zu überlegen „Packen wir es an!“ würde man heute sagen. Aus den Überresten der zerbombten eigenen Häuser wurde noch brauchbares Material geborgen, um damit das ebenfalls zerbombte Privathaus der Familie Müller, Neudorfer Straße 9, als Geschäftshaus mit Bäckerei umzubauen.

Bereits am 12. Oktober 1946 konnte aufgrund des eigenen Einsatzes und dank mancher ungenannten Helfer das erste Brot aus dem Ofen geholt werden. Die Söhne Willi und Hans verarbeiteten damals mit einem Lehrling die wöchentliche Zuteilung von ca. 30 Doppelzentnern Mehl (Soja- und Maismehl inbegriffen). Einen freien Markt gab es nicht, die Rationen waren festgelegt. Im Laden verkauften die Mutter und eine Verkäuferin die hergestellte Ware, die aber wegen der großen Nachfrage zu jener Zeit bereits am Vormittag ausverkauft war. Mit der DM kommt der Aufschwung Am 12. Oktober 1948, kurz nach der Währungsreform, heiratete Willi Müller dann Inge Thomas aus Neudorf, Tochter des Schreinermeisters Karl Thomas.

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Die Witwe Regina Müller führte das Geschäft zunächst mit ihren beiden Söhnen weiter. Beide führten die Tradition fort. Bäckermeister Willi Müller (Meisterprüfung 1938) und Bäckermeister Hans Müller (Meisterprüfung 1940).
Natürlich holte sich die Wehrmacht die beiden Meister, sie waren in Italien bzw. Russland als Frontsoldaten eingesetzt. Sohn Hans wurde 1944 wegen einer schweren Verwundung in die Heimat entlassen und konnte somit gleich nach Kapitulation mit dem Wideraufbau des Betriebes beginnen. Willi kehrte im April 1946 aus britischer Gefangenschaft heim.
Wieder ein neuer Anfang? Zum fünften Male? Ja, aber diesmal waren die Voraussetzungen sehr ungünstig. Der umfangreiche Haus- und Grundbesitz sowie der Betrieb und das Geschäft waren bei den Luftangriffen zu Schutt und Asche geworden. Da gab es nicht viel zu überlegen „Packen wir es an!“ würde man heute sagen. Aus den Überresten der zerbombten eigenen Häuser wurde noch brauchbares Material geborgen, um damit das ebenfalls zerbombte Privathaus der Familie Müller, Neudorfer Straße 9, als Geschäftshaus mit Bäckerei umzubauen.

Bereits am 12. Oktober 1946 konnte aufgrund des eigenen Einsatzes und dank mancher ungenannten Helfer das erste Brot aus dem Ofen geholt werden. Die Söhne Willi und Hans verarbeiteten damals mit einem Lehrling die wöchentliche Zuteilung von ca. 30 Doppelzentnern Mehl (Soja- und Maismehl inbegriffen). Einen freien Markt gab es nicht, die Rationen waren festgelegt. Im Laden verkauften die Mutter und eine Verkäuferin die hergestellte Ware, die aber wegen der großen Nachfrage zu jener Zeit bereits am Vormittag ausverkauft war. Mit der DM kommt der Aufschwung Am 12. Oktober 1948, kurz nach der Währungsreform, heiratete Willi Müller dann Inge Thomas aus Neudorf, Tochter des Schreinermeisters Karl Thomas.

Das Geschäft wurde durch die Belieferung mehrerer Wiederverkäufer erweitert. Ein zweiter und dritter Backofen wurde gebaut und der Brotbäckerei, bedingt durch den allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung und den damit verbundenen höheren Lebensstandard, eine Konditorei-Abteilung angegliedert. 1949 wird der Sohn Reinhard geboren, 1953 die Tochter Ursula. Nach dem Abitur absolviert die Tochter eine Banklehre und ist heute in der Versicherungsbranche tätig. Verheiratet ist sie mit dem Betriebswirt Ulrich Blank. Im Jahre 1954 verstarb die Seniorchefin Regina Müller, geb. Holtappels im Alter von 69 Jahren. Sie war eine mutige, tatkräftige Frau, deren Lebensinhalt ihre Familie und ihr Geschäft waren. Einen Urlaub z.B. hat sie nie kennengelernt. Wie nur wenige hat sie die Entwicklung des Stadtteils Neudorf aus kleinsten Anfängen miterlebt und ist vielen älteren Mitbürgern in guter Erinnerung. 1964 verstarb unverheiratet im Alter von nur 50 Jahren der Bäckermeister und Mitinhaber Hans Müller. Er hatte einen erheblichen Anteil am Wiederaufbau. 1965 begann Reinhard Müller nach dem Besuch des Mercator-Gymnasiums seine Ausbildung im elterlichen Betrieb, in dem damals schon neun Gesellen beschäftigt waren. 1968, nach Beendigung seiner Lehrzeit, ging Reinhard nach Köln und volontierte im namhaften Konditorei- und Café-Betrieb Frank als Konditor. 1974 besuchte er die Bäckerfachschule zu Olpe und legte anschließend vor der Handwerkskammer Arnsberg seine Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab.

Generationswechsel 1979 heiratete er Renate Gäthje, eine Landwirtstochter aus Schleswig-Hol- stein. Am 1. Januar 1981 übergaben Wilhelm Müller und seine Frau Inge ihre alteingesessene Bäckerei und Konditorei an den Sohn Reinhard und seine Frau Renate. Beschäftigt sind einschließlich Verkaufspersonal und Fahrern 20 Personen. Das Sortiment umfasst über 200 Artikel, von denen rheinisches Steinofenbrot, Vollkornbrot, Pottweck und Gewürzspekulatius, vom Gründer August Holtappels aus Aldekerk im Jahre 1881 eingeführt, noch heute als Spezialitäten auf dem Programm stehen. Alle Roggenbrotsorten werden nach wie vor nach uraltem Backverfahren mit Natursauerteig hergestellt. Hierdurch wird ein kräftiges Aroma erzielt. Das Brot zeichnet sich durch langes Frischbleiben aus. 140 Jahre sind vergangen. Für den Bäckereibetrieb der Familie Müller gab es ein Auf und Ab im ständigen Wechsel – gute Zeiten folgten den schlechten. In Zeiten, in denen es alle Menschen in ihren Generationen schwer hatten war es wichtig, die Zukunft richtig zu erkennen und zu deuten, um sie erfolgreich zu gestalten. Nicht anders als heute – immer nach dem Motto: „Ohne Fleiß kein Preis!”

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